Unfinished Memory Walls

27. Oktober 2025

Man steht vor den Wänden und weiß nicht,
ob man sie liest oder ob sie einen lesen.
Zwischen den Bildern: das Unausgesprochene.

Erinnerung geschieht hier nicht im Rückblick,
sondern im Gegenüber.
Sie geschieht, während wir schauen,
während wir schweigen, während wir bleiben.

Und vielleicht ist genau das,
was Olena Herasymyuk mit ihren Unfinished Memory Walls zeigt:
nicht das Ganze zu suchen, sondern die Stellen, an denen etwas fehlt –
weil sich dort das Leben weiterschreibt.

 

Unfinished Memory Walls – Die Kunst des Erinnerns

Am ukrainischen Stand der Frankfurter Buchmesse 2025 verdichtet sich das Motto Fragility of existence in den Arbeiten von Olena Herasymyuk. Ihre Unfinished Memory Walls sind Wände aus Fragmenten – Fotografien, Notizen, Spuren von Leben. Sie erzählen von Verlust und Neubeginn, von Erinnerung, die sich nicht abschließt.

Olena Herasymyuk, 1991 in Kiew geboren, ist Poetin, Sanitäterin, Chronistin. Sie hat Literatur studiert, diente im Donbas als freiwillige Sanitäterin und sammelt in ihrem Projekt Rozstrilny Kalendar die Geschichten ukrainischer Intellektueller, die unter sowjetischer Repression litten. Ihr Werk bewegt sich zwischen Zeugenschaft und Poesie – zwischen Schmerz und dem Willen, Sprache zu bewahren, wenn alles andere zerfällt.

Diese Haltung prägt auch die Unfinished Memory Walls. Sie sind keine Denkmäler, sondern Gesten – leise, tastend, offen. Sie halten fest, was sich nicht festhalten lässt, und lassen uns verweilen in einem Raum zwischen Vergänglichkeit und Gegenwart.

Erinnerung zeigt sich hier als Bewegung. Von einem Menschen zum anderen, von einem Raum in den nächsten. Vielleicht genügt genau das: das Unvollständige, das Fragile, das nicht Endgültige – um Nähe zu spüren.